Geschichten

Winzig klein - Weihnachtsgeschichte

„Das ist heute für dich“, sagte der Vorarbeiter zu der jungen Frau. Die saß an einem Tisch in einer düsteren Hinterhoffabrik in China. Sie war dort als Malerin eingestellt. Das bedeutete: Eine Maschine stieß regelmäßig kleine Plastikfiguren aus, und die Malerinnen mussten ihnen dann mit ein paar Farbtupfern so etwas wie Leben einhauchen.
„Das ist also heute meine Arbeit“, sagte die junge Frau zu sich selbst. Es sah nicht nach viel aus: Ein Karton, nur etwa so groß wie eine Schuhschachtel, stand da vor ihr; der Vorarbeiter hatte ihn gerade abgestellt. Aber die Arbeiterin war skeptisch.
„Mal sehen, was drin ist.“ Sie hob den Deckel ab, und ihre Befürchtung wurde wahr: Eintausend kleine Figuren aus hautfarbenem Plastik lagen darin, kleine Kinder mit ausgebreiteten Armen, jedes nur etwa so groß wie ein Daumennagel. Das würde wieder eine lange, anstrengende Schicht werden. Die tausend winzigen Figuren waren einzeln zu bemalen, erst dann war Feierabend. Zehn, elf mühsame Stunden lagen vor ihr, und am Abend würden die Augen von der dauernden Anstrengung höllisch brennen.
Sie griff zum Pinsel und fing an zu malen. Jedes Kind bekam eine weiße Windel, goldblonde Haare, einen winzigen roten Mund und zwei tiefschwarze Augen, kleiner als Stecknadelköpfe. Sie versuchte ihre Arbeit so gut wie möglich zu machen, aber Eile war geboten. So saß manchmal der Mund nicht ganz in der Mitte, der winzige Haarschopf war nicht gleichmäßig gefärbt, die Augen nicht exakt gleich groß. Aber sie wusste: Bei diesen winzigen Figuren, jede ziemlich genau zwei Zentimeter hoch, da schaute niemand mehr so genau hin. Masse stand vor Qualität.
Sie wusste auch, dass die winzigen Kinder für Europa bestimmt waren. Sie hatten etwas mit der christlichen Religion zu tun. An Weihnachten feierten die Christen die Geburt von Jesus, und sie glaubten, dass da Gott selbst in die Welt kam. Die Arbeiterin wusste nicht viel vom Christentum, aber der Gedanke war ihr sympathisch: Gott, der in die Welt der kleinen Menschen kommt, der Menschen wie sie selbst, in die Welt der Arbeiter, die sich für einen Minilohn abmühten, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Vielleicht konnte sie einmal mehr über diesen Christengott erfahren, der sich in einem kleinen Kind zeigt.

Über diesen Gedanken hatte sie 999 Figuren geschafft. Es war Abend geworden. Eine Figur war noch unbemalt. Und die Arbeiterin tat, was sie immer zu tun pflegte: Wenigstens eine der tausend Figuren sollte wirklich schön sein. Sie nahm sich am Ende ihrer Schicht trotz der Müdigkeit fast eine Viertelstunde Zeit, die letzte Figur zu bemalen: schön sorgfältig, mit gleichgroßen Augen, ohne Farbkleckse an der falschen Stelle. Schließlich war sie zufrieden: Es war das schönste Kind der Schicht geworden. Sie ließ die Farbe kurz trocknen und legte das winzige Kind mit den anderen 999 zurück in den Karton. „Gute Reise, mein Kleiner“, flüsterte sie ihm zu. „Hoffentlich wissen die Leute in Europa dich auch zu schätzen.“

Ein paar Wochen später schlenderte ein Mann mittleren Alters über den Weihnachtsmarkt der großen Stadt. Nein – das wollte er tun. In Wirklichkeit schlenderte er gar nicht, sondern er wurde über den Weihnachtsmarkt gedrückt und geschoben und gezerrt, und seine Versuche, eine Lücke im Gedränge zu finden, scheiterten immer wieder. Da steckte er manchmal fest zwischen Magenbrot, Marzipanstollen und Mandelbrennereien. Am engsten war es um die Glühweinstände herum. Es war der Samstag vor dem zweiten Adventssonntag, anscheinend genau der Tag, an dem die anderthalb Millionen Einwohner der Stadt Geschenke kaufen wollten, alle auf einmal. Der Mann kämpfte sich schließlich zu einem Stand mit Holzspielwaren durch. Für seine sechsjährige Tochter wollte er ein paar neue Möbel kaufen, die zu ihrem Puppenhaus passten. Er fand, was er suchte: ein Kinderbett, einen Tisch, einen Schrank, zwei Stühle und einen kleinen Teppich. Alles handgefertigt und nicht ganz billig – aber hübsch anzusehen; seiner Tochter würde das alles sehr gefallen.
Er machte sich auf den Heimweg. Als er dem größten Gewühl entkommen war, fielen ihm am Rand des Marktes einige Stände auf, an denen es ruhiger zuging. Über den Buden hing ein Schild: „Krippenmarkt“. Er hatte noch etwas Zeit und sah sich einen Stand näher an. Seine Augen blieben an einer Schachtel hängen, in der winzige Jesuskinder aus Plastik lagen. Er konnte nicht anders, als einige davon prüfend in die Hand zu nehmen. Wahrscheinlich chinesische Serienware, billig und schlicht.
Aber eines dieser winzigen Kinder fiel ihm auf. Es war sorgfältiger bemalt als die anderen, es schien ihn mit winzigen und doch großen Augen anzusehen. Es schaute auf das Preisschild; die Plastikfigur kostete nicht einmal halb so viel wie ein Glas Glühwein. Er kaufte das schöne Kindchen; die Verkäuferin packte die Winzigkeit sorgfältig ein, und der Mann steckte sie vorsichtig in seinen Geldbeutel. Zuhause verpackte er am Abend die Puppenmöbel für seine Tochter in roter Geschenkfolie. Und mit einem winzigen Klecks Klebstoff befestigte er das kleine Jesuskind außen auf dem Paket.
Zwanzig Tage später war Heiligabend. Nach der Kindermette wurden die Geschenke verteilt. „Ist das süß!“, rief Maria, die Erstklässerin. „Was meinst du?“, fragte der Vater, „du hast doch dein Paket noch gar nicht aufgemacht“. „Na das winzige Jesuskind da“, antwortete Maria. „Ich freue mich, wenn es dir gefällt“, sagte ihr Vater, „ich hatte schon gar nicht mehr daran gedacht.“
Maria zog sich in ihr Zimmer zurück, baute die neuen Puppenmöbel auf. Das winzige Jesuskind legte sie in das neue Kinderbett. Das passte zwar nicht wirklich, das Bettchen war mindestens fünfmal so groß wie das Kind – aber was machte das schon. Maria war die Kleinste in ihrer Klasse und wurde dafür manchmal gehänselt. Aber jetzt konnte sie für jemand da sein, der noch viel, viel, viel kleiner war. Es war ein glücklicher Heiliger Abend.

Das Jahr verging. Maria kam im Herbst in die zweite Klasse, ihr Bruder Josef in die erste. Josef hatte es schwer in der Schule. Nicht wegen der Lehrer, sondern wegen zweier Jungen aus der Nachbarschaft. Auch Josef gehörte zu den Kleineren in der Klasse, und die Nachbarjungen ließen ihn das deutlich spüren. Als sie ihm kurz vor den Weihnachtsferien den Zeichenblock zerrissen und seine Mütze klauten – wenn auch nur im Übermut – wollte Josef gar nicht mehr in die Schule gehen. Die Eltern versuchten ihn zu trösten. Und Maria kam auf eine Idee: Ich schenke meinem Bruder etwas ganz Schönes.
Sie nahm das winzige Jesuskind und gab es am Heiligen Abend ihrem Bruder Josef: „Schau mal, da ist einer, der auch ganz schwach aussieht – und doch kommt er von Gott und hat große Macht.“ Das tolle Gefühl, etwas wirklich Gutes getan zu haben, machte auch diesen Heiligen Abend für Maria wunderschön.

Josef hatte natürlich kein Puppenhaus, und so steckte er das winzige Jesuskind in seine Hosentasche. Immer, wenn die größeren Nachbarjungen ihm zu nahe kamen, fühlte er in seiner Tasche die Figur, und das gab ihm Kraft, so manches auszuhalten und auch mal auf ihre Beleidigungen eine schlagfertige Antwort zu finden.
Doch dann, im späten Winter, geschah das Unglück. Als Josef das Taschentuch herauszog, fiel die kleine Figur auf die nasse Straße. Er bemerkte zwar sein Missgeschick, hob das Jesuskind schnell wieder auf und wischte es mit seinem Taschentuch ab.
„Was hast du denn da?“ ertönte eine Stimme hinter ihm.
„Zeig mal“, sagte die andere.
Er brauchte gar nicht hinzusehen, da waren wieder seine Peiniger. Und bevor er sich versah, hatten sie ihm die Figur aus der Hand gerissen.
„Ach, unser kleiner Josef spielt mit Puppen“, sagte die eine Stimme, „wie ein Mädchen“, die andere.
„Gib her!“, rief Josef.
„Hol‘s dir doch, dein Püppchen“, hörte er.
Der Nachbarjunge nahm Schwung und warf die winzige Figur in weitem Bogen weg. Sie war klein und leicht, und so flog sie weiter und höher als geplant. Sie landete in der Dachrinne, unerreichbar, weg für immer. Weinend ging Josef heim.

So lag die Figur auf dem Dach; sie hatte sich an einer Ecke der Dachrinne festgeklemmt, der Regen konnte sie nicht fortspülen. Der Frühling kam. Die Vögel bauten ihre Nester. Einer Amsel fiel die kleine Figur auf. Sie merkte schnell, dass sie nicht fressbar war, aber wie Singvögel so sind, baute sie die bunte Figur einfach in ihr Nest mit ein. Der Sommer kam, vier junge Amseln verließen das Nest und zuletzt auch die Alte. Der Herbst kam, es wurde Anfang Dezember, der erste Wintersturm zog über das Land und brachte schon ein bisschen Schnee.
Nach dem Sturm schien die Sonne wieder; Maria und Josef nutzten das schöne Wetter und gingen trotz der Kälte hinaus in den Garten. Unter einem Baum lag ein verlassenes Amselnest, von einer dünnen Schneeschicht bedeckt. Der Sturm hatte es vom Baum geblasen. Die Geschwister nahmen das Nest hoch, befreiten es vom Schnee – und trauten ihren Augen nicht. Da war in das Nest ein winziges Jesuskind eingewoben. Und an den schönen Augen erkannten sie sofort: Das ist unser Jesuskind.
Drei Wochen später war wieder Weihnachten. Das wunderbar wiedergefundene winzige Jesuskind lag in einer aus einer Streichholzschachtel gebastelten Krippe unter dem Christbaum und lächelte alle an. Es wurde wieder ein friedliches und glückliches Weihnachtsfest.

Was meint Ihr? Ist die Geschichte wahr – oder habe ich die erfunden? Was ist mit dieser Geschichte von dem winzigen Plastikjesuskind, das in einer Fabrik in China geboren wurde, das die Menschen anrührte und zur Liebe anstiftete, das verloren war und wiedergefunden wurde, das Gewalt erlitt und neu zum Leben kam? Ganz oder teilweise so geschehen? Wahr oder ausgedacht? Oder kann vielleicht auch Erfundenes trotzdem wahr sein?
Eines ist sicher: Das winzige Jesuskind gibt es wirklich. Ich habe es hier in meiner Hand, und die Kinder können ‘mal schnell nach vorne kommen und es anschauen.


Hör mal eben zu – Gesine erzählt (Bad Zwischenahn Journal - Töv maal even! -übersetzt und leicht geändert) 

 

Du hest de Wahl

De Welt is ja all mannigmal verdreiht wen, aver de Tieten de wi nu hebbt, de hatt sick ok nüms drömen laten. Nich blots dat wi ümmer noch de Pandemie habbt un man sowieso nich weet, wat man nu dröff un wat man nich dröff. Dit Johr hebbt wi nu ok noch Waahlen. Un denn gifft dat ümer wolleer wat Nee`s över de Kandidaten. De een de schriev an een annern af, de annere lacht obwohl dat nix to Lachen gifft. De nächste snackt vandagen so un morgen woller anners un denn gifft dat wecke, de köönt dat alln`s beter. Ik verstoh, dat de Lüe mannigmal gor nich mehr weet, wen oder wat se wählen schüllt. Wichtig is blots, dat man wählen geiht. Ik sowieso, för mi is dat Bürgerpflicht und wer ohn Fehler is, e kann jo den eersten Steen smieten.

Nu kummt jo woller de Harvst un de Dag weert korter. Man kann sik all mal över de Deko in`t Huus kümmern und ik segg di, zack, denn is all woller Wiehnachten. Wenn ik ehrlich bün, frei ik mi all op de eersten Spekulatius in de Geschäfte un noch mehr over die Lüe, de sik daröver opregen doot. Dat is mi all egal, lecker is lecker!

Sowieso, üm wat de Lü sik all kümmert. Ik hebb de Masken satt bi`t Inkööpen, aver dat nützt jo nix. Wi mööt us freien, wen wi all schön gesund blieven doot. Wenn man mal överlegggen deit, fröher hest ne Torte kreegen mit vääle Kerzen op. De hest denn utpuust un achteran hebbt alle van de Torte eeten. Wenn man dat mal mit vandagen verglieken deit, denn weer dat ja woll Leven an`t Limit.

Wi mööt us freien, dat wi dat hier in de Grofschupp so fein hebbt. Kann`s rutgahn, kannst in Ooort gahn wenn du Leven hebben wulllst un geihst in Wald, wenn du diene Ruhe hebben wullt. Lat de Lüe doch ok`n beten Spoß, jüst in disse Tieten.

Wi levt hier good. Hebbt kiene Floot, kiene Brände (blots na to vääl Sluck) un de Lüe sünd nett und de Gäste ok.

Wat wullt du mehr?

 

 

Geschichten vertellt up Platt  ((gefunden in "Mein Land & Leben" 

 

De geniole Problemlösung

 

In de noble Privatschoole geevt dat een groodet Problem. wo de Huusmester gor nich mehr gegenan köm. De veereihjährigen, vertogenen Schölerinnen ut gotsitueerten Öllernhüsern möken sik eenen Spoß dorut, em önnig to argern. In de Toilette bemolten se ehre frechen Snuten met Lippenstift, küssten up alle Speegels, un achtelöten dormit groode Mengen an Afdrücken. Jeden Avend no Schoolschluss mösste de Huusmester de Speegels mehrmols afwischen, bet de fettigen Afdrücke weg wören. Doch jeden Morn möken de Deerns unner Kichern un Albernheiten de roen Snutenafdrücke wedder up alle Speegels. No eene Berotung twüschen Huusmester un Schooldirektorin köm rut, dat wat dor gegen mokt weern mösste. De plietsche Huusmester harr sik för de dummen Deerns een afortiget, aver heelsomet Rezept urdacht, weil he Erfohrung dormit harr, dat eben jüst Dummheit eene notürliche Begabung wör. Annen nächsten Morn röp de Schooldirektorin desterwegen alle Deerns tohopen. Se schöll`n sofort no de Toiletten kaumen, dor tövte se mit den Huusmester up jem. Se vertellte de Schölerinnen, dat alle düsse däglichen Snutenafdrücke up de Speegels een groodet Probelm för denjenigen wören, de jümmer wedder alles weg moken mösste. Üm de Deerns to wiesen, wo schwor dat wör, de Speegels to putzen, wies`de Huusmester jem, mit wo väl Möhen de düsse unnütze Arbeit moken mösste. De Derns stubsten sich an, un kicherten albern bi`n Tokieken.

As de Huusmester de Speegels enigermoten rein wischt harr, güng he mit den grooden Schwamm los, duukte em in dat Klobecken, wrüng em ut und wischte öber alle Speegels ncoh een Mol röber.

Schlagortig wör dat Gekichere vörbi. De Deerns reeten de Ogen op, enige füngen an to würgen, un blass schleeken se sik torücht in de Klassenzimmer. Von düssen Dag anwör för den plietschen Huusmester dat Problem löst. Dat givt Schoolmesters un dat givt pädagogische Huusmesters. 

 


Hör mal eben zu – Gesine erzählt (Bad Zwischenahn Journal - Töv maal even! -übersetzt und leicht geändert) 

 

Corona Gewinne 

Ich bin ja beeindruckt- Trotz der großen Pandemie oder wie man auch sagt Krise, gibt es doch noch was, was mehr geworden ist. 

Mein Gewicht zum Beispiel. Ich habe jetzt schon das Gewicht, was ich eigentlich erst Neujahr habe, nach all den Feiertagen. Und dabei gibt es noch keine Spekulatius und Dominosteine in den Geschäften.  

Warum eigentlich nicht?  Ich meine das wird doch langsam Zeit! 

Der Geschäftsführer wo ich immer einkaufen gehe hat mir kürzlich erzählt, der Kartoffelverkauf hätte auch zugenommen. Das kann ich mir gut vorstellen. Ansonsten schäle ich immer bloß zu Weihnachten so viele Kartoffeln, aber dieses Jahr habe ich auch da schon meine Grenze überschritten. Die Leute essen wieder mehr zu Hause. Man geht nicht mehr so viel Essen, weil man sich da erst anmelden muss. Da haste ja keinen Mut zu und ich weiß ja auch gar nicht, wann genau ich Hunger habe. 

Die Kinder sind auch mehr zu Hause und so muss ja auch immer was auf dem Tisch stehen. Kartoffeln gehören da bei uns ja immer dazu! Aber mich freut ja, dass zumindest die Kartoffelbauern was davon haben. 

Ein Freund von mir will sich Hühner anschaffen. Das hat mir gerade noch gefehlt. Dauernd das Gegacker im Garten und dann scheißen die auch noch überall hin. Er meint aber, Hühner wirken beruhigend. Na, wenn er das glaubt! 

Nun sollen da fünf Hühner und ein Hahn her. Da kann man sich doch genau vorstellen wie das ausgeht. Das haben wir doch alle schon einmal erlebt, oder? 

Ein Hahn und fünf Hühner - da zicken die Hühner bald sowas von miteinander rum und er ist der Hahn im Korb. Oder ist das nur bei den Menschen so? 

Das Einzige was ich an Hühner mag, ist, dass sie Frühstückseier legen und Eierlikör. Ja, und dann natürlich eine vernünftige Hühnersuppe. Punkt! Vielleicht habe ich ja mal die Chance, das eine oder andere von meinem Freund zu bekommen. 

Homeoffice hat ja auch zugenommen.  

Es gibt immer mehr Firmen, die ihre Mitarbeiter/innen von zu Hause arbeiten lassen. Einige wollen das nach der Krise so beibehalten. Ich finde das gut! Du musst dich morgens nicht schniegeln und bügeln. Kannst theoretisch die Zähne putzen, Kaffee kochen und dann ran an den Schreibtisch. Abends putzt du dir wieder die Zähne und gehst ins Bett. Den Schlafanzug hast ja noch an.  

Was will man mehr? 

Und in diesem Jahr machen die Leute wieder mehr Urlaub in Deutschland. Das ist doch für alle Deutschen gut. Hier in der Grafschaft Bentheim leben auch viel Menschen von den Urlaubern. Gut, einige sind ein bisschen anstrengend und an die Abstandsregeln halten sie sich auch leider nicht alle. Aber unsere Geschäfte und Lokale waren so viel leerer in den letzten Monaten, da freu ich mich, wenn bei denen mal wieder was in die Kasse kommt. 

Und nun im Herbst? Freu Dich an unsere schöne Natur, wir haben davon so viel in der Grafschaft Bentheim. Das lohnt sich, mal genau hinzuschauen. Viele wunderschöne Gärten gibt es bei uns. Wenn da nicht gerade Hühner ihr Unwesen treiben. 

Ich finde es gibt viele Sachen, die mehr geworden sind und dazu gehören bei mir die Dankbarkeit, die Wertschätzung und den Blick für den feinen Augenblick, den wir jeden Tag haben. Das kann auch bloß mal ein Blick auf ein Gänseblümchen sein und dir geht es wirklich besser, wenn du das bewusst wahrnimmst. 

Bis bald mal Eure Gesine 

 

Gesine erzählt!  (aus Töv maal even! - Bad Zwischenahn journal) 

 

Zu Hause  (übersetzt ins  Hochdeutsch) 

Wenn mal man längere Zeit zu Hause ist, keine Termine hat, niemand zu Besuch kommt, dann ist das doch ein bisschen gediegen. 

Ich hatte mir vorgenommen, die Arbeiten zu erledigen, die schon länger fällig sind, ich aber nicht zu gekommen bin. Angefangen bin ich mit Fotos. Ich habe alle Kartons und Tüten, die irgendwo rumliegen zusammengesucht und im Wohnzimmer verteilt. Das war vielleicht ein Spaß, die alten Bilder anzuschauen. Die Kinder, als sie noch klein waren, Tante Erna und Onkel Herbert, die schon gar nicht mehr leben und dann die Bilder von einem selbst.  

Oh Gott.., so hab` ich mal ausgesehen... nee, die Fotos kommen nirgend wo rein. Das geht ja gar nicht. 

Nun liegt das ganze Wohnzimmer voll mit Fotos. Überall hab` ich kleine Stapel zusammengepackt und es sieht aus als ob eine Bombe eingeschlagen hat. 

Ja, was nun? Ich hab` keine Alben zu Hause. Gibt es die überhaupt noch? Und wenn nun alle Bilder eingeklebt sind, schaut man sich die noch einmal an? Und wo soll ich die Alben alle abstellen, wenn sie fertig sind? 

Ich habe den Bombeneinschlag eine Woche liegen gelassen und dann alle Fotos in Schuhkartons wieder auf den Dachboden gestellt. Irgendwann ist mal wieder Zeit dazu! 

Vor einiger Zeit habe ich mir eine Gesichtsmaske mitgebracht. Man muss ja was für sich tun. Ich habe mir richtig was gegönnt und eine Bio-Maske gekauft. War nicht billig! 

Nun habe ich beschlossen, ich mach einen Wellnesstag. Packung auf den Kopf, Maske ins Gesicht und rein in die Badewanne. Ich habe auch immer wieder heißes Wasser nachlaufen lassen. Das war sehr schön und so habe ich auch gleich in der Wanne meine Beine rasiert. Das ging viel besser als in der Dusche. 

Kurze Hose oder Minirock geht noch nicht, aber so haben die Blessuren von der Rasur Zeit zu heilen. Als ich nach einer halben Stunde aus der Wanne war, habe ich mich fein eingecremt und dann... Mein Gesicht sah aus als wenn ich einen Sonnenbrand hätte - Knallrot. Man könnte auch meinen, mein Blutdruck war knapp an 220. Ich glühte. 

Eigentlich wollte ich ja einen Spaziergang machen, aber wenn ich so raus gehen würde, könnten die Leute meinen ich wäre ein Indianer oder zumindest eine Rothaut. 

Ich habe das dann noch mal nachgelesen. Man soll die Maske nur 5 Minuten einwirken lassen. Na, da war die halbe Stunde wohl ein bisschen zu lang. Am nächsten Tag war dann auch alles wieder weg. 

Gut, dann widme ich mich mal dem Haushalt. Ein paar Schränke habe ich schon aufgeräumt. Da sind ja noch mehr, Lust habe ich aber keine. Weißt ja auch gar nicht, wohin mit dem ganzen Zeug, was man nicht mehr braucht und die Mülltonne ist auch zu klein. 

Garten … ist fast fertig. Habe ich nicht die meiste Lust dazu, da jeden Tag drin zu sitzen zu wühlen. Muss ja nicht sein! Mach ich sonst auch nicht. Normalerweise fehlt mir auch die Zeit dazu. 

Nun habe ich meiner Freundin mal einen Brief geschrieben. Das macht man ja gar nicht mehr. Nein, wir telefonieren einfach. Gut, ich habe den nicht mit der Hand geschrieben, aber über die zwei Seiten hat sie sich sehr gefreut.Bald haben wir bestimmt keine Zeit mehr dazu, aber so lange das noch geht, wollen wir das jetzt öfter machen. 

Die Kinder sind ja nun auch mehr zu Haus. Bespaßen muss ich die nicht mehr. Die spielen selber. Kannst sie ruhig rufen, da reagiert keiner drauf. Wenn mir das zu bunt wird, zieh ich einfach das W-Lan Kabel raus. Da kannst gar nicht gegen kucken, wie schnell die dann angelaufen kommen. 

Einkaufen mit der Mundmaske. Ich meine, das macht uns auch nicht attraktiver. Ich habe ein paar genäht, aber kannst ja nicht zu jedem Outfit die passende Maske nähen. Und wenn man dann so eine Zeitlang unter diesem Schnutenpulli ist, wird die Luft auch ziemlich dünn.  Also bleib ich zu Hause und kaufe nur das Nötigste ein. Ich kann mir nicht vorstellen, mit dem Ding im Gesicht auch noch in einer Umkleidekabine zu stehen und neue Kleidung anzuprobieren. 

Es ist eine ganz bedrückende Zeit. Ich weiß gar nicht, wie das weiter gehen soll. Wie lange können wir das durchhalten? Wenn ich darüber nachdenke, dass noch in 2021 weiter zu machen, dann wird mir ganz anders. Gut, einige sagen ja, Alkohol ist keine Lösung, aber oft eine gute Alternative. Ich denk da mal drüber nach. 

Ich freue mich aber darüber, dass wir in der Grafschaft Bentheim noch vor die Tür gehen können. Durch Bad Bentheim, oder einfach aus dem eigenen Wohnviertel raus. Nun stell Dir mal vor, du wohnst in der Stadt im vierten Stock ohne Balkon und hast kleine Kinder in der Wohnung. Ich weiß nicht, wie die Familien das machen. Aber ich weiß, dass wir es hier gut getroffen haben. 

Ich hoffe das die Welt bald besser wird. Auch wenn ich weiß das sie nie wieder so wird wie sie war. Ich wünsche mir, dass alle Leute diese gräsige Zeit gut überstehen. 

Bleibt alle fein gesund! 

Eure Gesine